Und wieder erreicht mich ein Verlagsangebot zur Veröffentlichung meines aktuellen Romans. Mittlerweile sind es deren vier…, wobei es sich dieses mal um einen Verlag handelt, der mein Buch ’selbstkostenfrei‘ veröffentlichen will. Die drei vorangegangenen Verlage wollten zwischen 3000 und 7000 Euro für die Publikation, je nach Verarbeitung des Buches und der begleitenden Werbemaßnahmen inklusive Messeauftritt. Ja, man kauft sich in die Szene ein – das ist scheinbar der neue Trend auf dem Buchmarkt. Das Armutszeugnis einer ganzen Branche scheint perfekt. Die etablierten Verlage kämpfen mit sich selbst und ihrer nicht enden wollenden Überheblich- und Eitelkeit, mit dem Zeitgeist, mit dem e-book, mit der Vermarktung, mit dem stagnierenden bis rückläufigen Markt, mit Umsatzverlusten… In diesem Wust an Chaos etablieren sich Schaumschläger und skrupellose Geschäftemacher zuhauf, die sich die vielen ziellos umherirrenden Jungautoren greifen und ihnen den eh‘ zu kleinen Geldsäckel leeren oder ihr Gedankengut für ihre Profitsucht benutzen – ohne Rücksicht auf die einstigen Vordenker und Individualisten. Was bleibt sind philosophisch begabte Gegenwartsverlierer allerorten, die enttäuscht den Stift fallen lassen und sich fragen, ob sie in dieser Welt als Schriftsteller, Philosoph oder Publizist überhaupt jemals eine Chance bekommen, ohne sich zu prostituieren oder regelrecht auf dem Markt einzukaufen.
Die Träumer und Visionäre sterben und plötzlich wollen sie nicht mehr die Welt verändern oder gar retten. Unzählige Manuskripte siechen ihr Dasein in Schubladen und der marktgerechte und promotete Mainstream beherrscht die kunstresistente Oberfläche der betriebwirtschaftsafinen Schreibtischtäter in Perfektion. Gut ist nur noch was Umsatz macht und was sich mit Gewinn verkaufen lässt. Die Folge ist die Verarmung der literarischen Vielfalt, ist die Ausdünnung der verschiedenen Genres, ist der Untergang der Philosophie und weiter ausgeholt wohl der gesamten Kunst und Kunstszene. Gefragt sind Allroundtalente, die es verstehen, sich geschickt zu vermarkten oder jemanden ganz geschickt in den Allerwertesten zu kriechen oder ganz geschickt eben genau den Geschmack des Herausgebers zu treffen oder ein erfolgreiches Thema einfach abkupfern, die Story umtitulieren und den Rest des Marktes abgreifen, der letzten Brotkrumen wegen.
Das Vorbild ist das Fernsehen – auch hier werden Sitcoms erfunden, die auf allen Kanälen ihre Nachahmer finden – auch hier werden Musikformate gewählt, die nahezu von jedem anderen privaten Sender kopiert werden (im Übrigen sind die gesungenen Songs auch alle kopiert) – auch hier werden Kochshows inszeniert, die mit anderen Köchen und etwas veränderten Regeln Einzug selbst ins Öffentlich-Rechtliche erhalten – und bezahlt wird die Verblödung der konsumierenden Masse von der verblödeten konsumierenden Masse gleich selbst… – und unterstützt wird die Verblödung des Mobs durch die Strippenzieher, die nur auf eines abzielen – die Verblödung der konsumierenden Masse.
Vor dem Hintergrund der systematischen Verarmung unseres Geistesgutes und des nicht hinterfragten Ausverkaufs unserer über Jahrhunderte gepflegten Rituale und Errungenschaften, scheint es mir gut und richtig, zumindest für mein eigenes Gedankengut den Weg zu wählen, der mir augenblicklich richtig erscheint – die Selbstvermarktung. Schließlich geht es mir nicht mehr darum die Welt zu retten oder die Welt zu verbessern – da käme ich ja aus dem Genörgel und Kritisieren nicht mehr heraus. Nein, es geht mir vielmehr um die Publikation an sich…; um das Erreichen vieler Menschen und um das Verbreiten von Botschaften – hierfür betreibe ich mein Schreiben – und falls es unerwartet doch passieren sollte, dass es ein Verlag ernst meinte… – so prüfe wer sich ewig bindet, ob sich nicht was Bess’res findet. Schließlich sind heutzutage wohl nahezu alle Künstler dazu verdonnert, sich den Lebensunterhalt mit ‚ehrlicher‘ Arbeit zu verdienen.
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