Mussja war gestern. Es ist Festival-Zeit und die Jugend feiert. In Ellmau wurde gegen die Allmacht des Kapitals demonstriert und das heimische Handwerk sucht dringend Nachwuchs – es gilt zigtausende an Lehrstellen zu besetzen. Mittlerweile werden gezielt Jugendliche mit Migrantenhintergrund von unseren Unternehmen angesprochen, um die schwierigsten Problemfelder, etwa auf dem Bau oder anderen Handwerksbranchen, zu entlasten. Die Universitäten sind überfüllt und der NC wird mit jahrelangen Wartezeiten umgangen… Deutschland 2015 hat seine eigenen Probleme und Herausforderungen – kommt auf die individuelle Sichtweise an. Das Anwerben von Jugendlichen aus den südeuropäischen Ländern hat Hochkonjunktur und das bunte Europa nimmt in unserem Land immer schärfere Konturen an. Unsere Wirtschaft kann ohne die Hilfe aus dem nahen und eben auch aus dem fernen Ausland nicht weiter wachsen oder zumindest den augenblicklichen Wohlstand nicht halten oder kontinuierlich ausbauen.
Läuft, läuft gut…, möchte man meinen. Doch die Sorgenfalten der Regierenden werden tiefer, denn Gräben innerhalb der Gesellschaft tun sich auf. Schließlich ist die zwangsläufige Öffnung unseres Landes nach Außen, siehe Pegida und AfD, nicht jedem seine Sache… – vor allem, wenn er dies bis dato nicht gewohnt war, siehe im Osten der Republik. Hinzugesellt haben sich die Verlierer des Wachstums, die sich im Aufkeimen des nationalen Gedankengutes mehr als wohl fühlen. Hier gibt es mittlerweile viele verschiedene Gruppierungen, die es auf orientierungslose Jugendliche und Wohlstandsverlierer abgesehen haben. Heimat offerieren neben der AfD, die nach ihrem Parteitag einen gehörigen Ruck nach Links absolviert hat, die üblichen und bekannten rechten Parteien oder seit neuestem der unterklassige Amateurfußball. Zudem bieten Hooligan-Organisationen jedem einen Platz, der gewaltbereit und politisch rechts interessiert ist. Auf der anderen Seite werben muslimische Extremisten um Nachwuchs für den IS. Orientierungslosigkeit schafft Zulauf…
Unsere Gesetzgebung ist angesehen der internationalen Krisenherde und der daraus resultierenden Problemvielfalt schier ohnmächtig und versucht sich in beruhigender Rhetorik. Jedoch gibt es gegen die Verselbständigung der jungen Generation in mannigfaltige Gruppierungen kein kontrollierendes Mittel, das wirklich greift. Auch tut sich die Politik schwer mit der Motivation ihrer Bevölkerung und Bevölkerungsgruppen. Was fehlt ist eine nationale Identität ohne den so geschmähten nationalen Gedankenhintergrund. Die Freude am Schaffen und am Sein ist nicht sichtbar und die Regierung wird nur als reagierendes Machtfurunkel wahrgenommen. Die Selbstbereicherung der lobby-gesteuerten Institutionen und der Wirtschaft steuern ihren Teil zur Verunsicherung der Bevölkerung und vor allem der Jugend bei. Die jahrzehntelang geförderte Ellbogengesellschaft fordert nun ihren Tribut und die scheinbare Unantastbarkeit unseres Wohlstandstaates ist nicht mehr gegeben. Vielmehr hat man das Gefühl, dass es irgendwann einen riesigen Knall gibt und unsere Werte ratenweise über Bord gehen…
Vor dem Hintergrund von Krisen und kaum zu bewältigenden Aufgaben stellt sich immer mehr das Kapital in den Vordergrund. Das Einzige was zählt ist Wachstum und es gilt, den jungen Menschen in das System einzupassen. Genau hinein in dieses Bild passt das Dilemma mit der Integration Südeuropas in unser mitteleuropäisches Denken. Wer nicht mitzieht und sich den Regeln der Mächtigen unterwirft wird schlichtweg rausgeschmissen. Doch vorher kommt das jahrelange Sterben auf Raten bis hin zur Demütigung eines ganzen Volkes. Griechenland ist scheinbar der von der bürgerlichen Mitte gewünschte Präzedenzfall. Außerhalb der Mitte wird keine politische Richtung geduldet. Es bleibt die Frage, was die Jugend über ein solches Machtverhalten denkt – die einstigen politischen Visionäre und Helden der Einigkeit sind zu Marionetten der Wirtschaft und des Kapitals geworden oder besser gesagt ‚verkommen‘. Für unsere Jugend können unsere verantwortlichen Politiker keine Vorbilder mehr sein, denn Solidarität sieht anders aus. In Italien, Spanien, Portugal, Frankreich und Griechenland eskaliert die Jugendarbeitslosigkeit und ganz nebenbei erstürmen hunderttausende Flüchtlinge das gelobte Land Europa. Die Wohlstandsinsel Deutschland ist durch ihre jahrelange einseitige und visionslose Politik in große Gefahr geraten und Solidarität mit anderen europäischen Ländern ist von unseren Politikern nur dann zu erwarten, wenn es den eigenen Wohlstand nicht gefährdet… Schließlich hat die Union ja nichts gegen Flüchtlinge – sie sollten halt schon gewisse Qualifikationen mitbringen, damit sie in das Wirtschaftsmodell unserer Republik passen. Unsere Regierung hat auch nichts gegen Krisenländer in Europa – Hauptsache ist, dass wir gestärkt aus der Krise hervorgehen. Kein Wunder, dass sich in Europa und in unserer Gesellschaft Widerstand regt – egal ob rechts oder links – Hauptsache Widerstand! Denn es ist wichtiger für Menschen einzutreten, statt für das Kapital. Es wird Zeit, dass nicht nur der Papst zur Umkehr aufruft, sondern jeder Einzelne von uns! Bieten wir dem Kapital die Stirn. Lasst uns eintreten für eine gerechte Sache – für ein Miteinander in Europa – für die Bewahrung unserer Werte. Denn nicht das Wachstum des Kapitals muss unsere Zukunft sein, sondern das Wachstum unserer Werte, unserer Solidarität, unserer Humanität und unserer Hilfsbereitschaft!
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