Die Angst geht um bei der Union und der SPD-Kanzlerkandidat geht, statt sich mit der CDU-CSU zu prügeln, zum Basis-Wahlkampf über und tingelt übers Land… Zum ersten Mal seit zwei Jahrzehnten steht die SPD in den Umfragewerten vor den Schwarzen. Die Presse und die Öffentlichkeit spricht von dem sogenannten Schulz-Effekt… Doch das stimmt so nicht!
In den Bürgern dieses Landes steckt eine Sehnsucht nach mehr Gerechtigkeit, die sich über viele Jahre entwickelt hat. Diese Sehnsucht wurde von dem sogenannten deutschen Establishment nicht ernst genommen und aufs Gefährlichste vernachlässigt. Das Resultat ist allgemein bekannt: Protest und Verweigerung; vor allem im Osten. Jetzt ist ein neuer „Frontmann“ am Start, der nicht mit der deutschen Misere in Verbindung gebracht wird. Er spricht an, was eigentlich die Linken bereits in ihrem Parteiprogramm verankert hatten. Doch fanden diese Themen aufgrund der geringen Resonanz im Bundestag kaum Gehör. Da hat es schon einen Schulz gebraucht, der diese Schlagpunkte aufgreift und vielen vielen Menschen, vor allem Familien, aus der Seele spricht:
Diese Schlagpunkte sind auf einem Blick:
– Kostenfreie Bildung von der Kita bis zum Studienabschluss.
– Wiedereinführung des Solidaritätsprinzip im Krankensystem mit Bekämpfung einer Zwei-Klassen-Medizin.
– Das Suchen nach Lösungen gegen die drohende Altersarmut (keine leeren Versprechungen…)
– Das stufenweise Zurückfahren der Zeitarbeit, die in den letzten Jahrzehnten von der gesamten deutschen Wirtschaft brutal missbraucht wurde, und mitverantwortlich ist für die drohende Altersarmut.
– Die Förderung des sozialen Wohnungsbaus, um den Mietwucher Spekulationswahnsinn der Vermieter in den Griff zu bekommen.
– Eine Besteuerung von „geparktem“ Vermögen / ..eine Art Vermögenssteuer.
– Stärkere Bekämpfung von Steuerflucht und illegaler Geldwäsche, sowie ein stärkerer Kampf gegen den Schwarzgeld-Tourismus.
– Eine positivere und vor allem pragmatische Haltung zur Europa-Politik und die Förderung des Zusammenhaltes innerhalb der EU…
Schulz verspricht im Augenblick Niemanden etwas, sondern er spricht nur die Wunden und in der Realität jedes Einzelnen von uns existierenden Probleme an. Und da trifft er genau ins Schwarze. Die Menschen wollen einen Fahrplan hin zu einer gerechteren und sicheren Gesellschaft. Und die Argumentationen des neuen Polit-Superstars haben buchstäblich ins „Schwarze“ getroffen. Rechnet man die einzelnen Bausteine, die in Schulz Wahlagenda angesprochen werden, zusammen, so kann sich der Normalbürger auf ca. 0,6 % Ermäßigung (durch die Erhöhung des AG-Anteils in der KV) freuen; das wären ca. 20-35 Euro monatlich, aber vor allem eine Umkehr aus der Sackgasse der einseitigen Erhöhung von Krankenkassenbeiträgen auf dem Rücken der Arbeitnehmer… Hinzu kommt die Erhöhung des Wohnungsangebotes in Mittel- und Großzentren via Sozialen Wohnungsbau. Hier werden auf kurz oder lang die Mietpreise sinken. Auch das wird dem Verbraucher zwischen 20 und 50 Euro pro Monat bringen. Kostenfreie Bildung soll heißen: Entfall von Kita-Gebühren! Das war und ist schon längst fällig und belastet Familien mit bis zu 1200 Euro pro Jahr… – welch‘ eine Lachnummer. Die Union hatte eine Aufhebung der Kita-Gebühren immer wieder angekündigt und hat „NICHTS“ unternommen – eine absolute Schande. Das Bekämpfen der Altersarmut wird ein Gewaltakt werden. Hand an die Pensionäre zu legen ist kein Mittel und würde in Deutschland für viel Unruhe sorgen; jedoch gilt es zu bedenken, dass die vielen Kleinverdiener, die durch Schwarz-Gelbe oder Schwarz-Rote Politk durch 400-Euro-Jobs oder Zeitarbeit entstanden, in absehbarer Zeit den Sozialkassen auf der Tasche liegen werden – die Kosten hierfür sind schier unabschätzbar.
Der wahre Grund für den Aufschwung der SPD in den Köpfen der Menschen ist jedoch das Besetzen des Positivums. Das Switchen von Gabriel zu Schulz als Kanzlerkandidaten wird der Partei als genialer Schachzug ausgelegt. Dazu kommt die Nominierung von Frank-Walter-Steinmeier zum Bundespräsidenten. Hinzu kommt, dass Gabriel als Außenminister als Erster die Wogen in den USA glättete, als er gleich nach dem „Trump-Wahnsinn“ seinen Kollegen Tillerson besuchte und sich in der Schadensbegrenzung profilierte. Dazu kommt, dass sich Merkel mit ihrer Flüchtlingspolitik bei Trump disqualifizierte und jetzt relativ isoliert dasteht – Schulz jedoch mit seinem Statement klar Stellung bezog, weil er ja auch nicht in der Regierungsverantwortung steckt. Auch in Sachen Erdogan machte Schulz die klar bessere Figur, indem er die Rote Linie markierte, über die auch ein türkischer Staatspräsident nicht treten darf… („Wer ist denn ein Herr Schulz?“ polterte dieser…). Auf die Frage nach der Kanzlerkandidatur benötigte Merkel Wochen, bis sie zur Entscheidung kam. Diese Entscheidung begründete sie mit den Worten „Ich habe mir das lange überlegt…, und ich glaube, dass ich dem Land Impulse geben kann…“ Vielen Menschen war das einfach zu schwammig. Schulz sagte knapp: „Es ist für mich eine große Ehre und ich stelle mich der Herausforderung mit der dazu nötigen Demut.“
Der schönste Nebeneffekt bei der Wiederbelebung der „muskulösen“ Demokratie in Deutschland ist jedoch, dass sich die AfD auf Sinkflug befindet. Den Rechts-Nationalen ist „Ihr Thema“ abhanden gekommen, weil es bereits von der breiten Mitte erledigt wurde. Rassismus ist als Thema bei den Deutschen untauglich – folglich verliert die AfD mittlerweile bis auf unter 10 Punkte. Das ist ein Riesenerfolg von Schulz & Co. und ein Hoffnungsstreifen am politisch-gesellschaftlichen Horizont.
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